|
Patrick Süskind: Die Taube. 1987.
Zürich. Diogenes-Verlag. 99 Seiten.
ISBN: 3257017367
Von Selbstzweifeln überwältigt:
Mit dem Roman „Das Parfüm“ geriet Patrick Süskind in die Schlagzeilen - positiv betrachtet. Kennen Sie „Die Taube“?
Manchmal ist es gut, der eigenen Neugier zu folgen und Bücherregale nach Kostbarkeiten zu durchstöbern. Ich gebe zu, ich habe nicht gesucht: Patrick Süskind und die „Die Taube“ lagen plötzlich vor mir, in meinen Händen. Genauso erging es Jonathan, dem Protagonisten, der nach dreißig Jahren Einsiedlerlebens eines Tages einer Taube vor seiner Wohnungstür begegnet. Eine folgenreiche Begegnung, die sein Leben durcheinanderwirbelt, quasi auf den Kopf stellt. Denn Jonathan Noel, der im Kindesalter seine Eltern verlor und beim Onkel aufwuchs, und der nach kurzer Ehe seit 30 Jahren allein lebt, braucht nach den frühen Verlusten und Unsicherheiten Konstanten in seinem Leben. Er meidet Kontakte zu Nachbarn und Kollegen, hält sich am straffen Zeitkorsett seiner Arbeit als Wachmann in einer Bank fest. Die starre, monotone Arbeit verschafft ihm innere Sicherheit.
Als Jonathan, der in einer Substandardwohnung lebt, auf dem Weg zum Etagen-WC eine Taube vor seiner Tür entdeckt, möchte er fliehen, eine nochmalige Begegnung verunmöglichen. Er spielt mit dem Gedanken, in ein Hotelzimmer zu übersiedeln. Für die Hauseigentümerin ist die Anwesenheit der Taube, die auch den Gang mit Kot verunreinigt hat, kein Problem. Sie werde sich darum kümmern, versichert sie. Doch Jonathan glaubt ihren Worten nicht, fühlt sich schuldig, als ihm die zurückgelassene leere Milchpackung auf der Parkbank einfällt und als ihm die Hose riss. Er selbst führt die Missgeschicke auf sein fortgeschrittenes Alter zurück.
Patrick Süskind, geboren 1949 in Bayern, Schriftsteller und Drehbuchautor, erstellt auf knapp einhundert Seiten das Psychogramm eines Mannes, der von eigenen Selbstzweifeln überwältigt wird. Spannend, fesselnd geschrieben- im Bus 38A Richtung Cobenzl verschlungen!
- Im kibi entlehnbar- |
